Mikrobiologisches Praktikum

- Keimzahlermittlung -



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Versuchsziel:

In diesem Versuch soll die Wirksamkeit der Händedesinfektion mittels Ethanol überprüft.

Theoretische Grundlagen:

Bei der Desinfektion soll definitionsgemäss keine vollständige Keimabtötung erfolgen (wie bei der Sterilisation), sondern es sollen vor allem pathogene Keime (Krankheitserreger) abgetötet oder inaktiviert und eine allgemeine Keimreduktion erzielt werden. Sie dient damit vor allem medizinisch-hygienischen Gesichtpunkten und ist, da sich Mikroorganismen quasi überall befinden, bei mikrobiologischen Arbeiten und im medizinischen Bereich unerlässliche Vorraussetzung für gefahrloses, risikominimiertes Arbeiten. Zudem werden desinfizierende Massnahmen dort angewandt, wo Sterilisationstechniken zu aufwendig, zu teuer oder schlichtweg unmöglich sind (z.B. Raumreinigung, Lebendgewebe). Zur Händedesinfektion benutzt man normalerweise 70-80 %-igen Ethanol, 60-70 %-igen Isopropanol oder 50-60 %-igen n-Propanol (in genannter Reihenfolge aufsteigende Wirksamkeit). Diese Alkohole lassen sich auch zur Desinfektion von anderen Oberflächen (Arbeitsflächen) einsetzen. Wichtig ist, dass die Alkohole einen gewissen Wasseranteil aufweisen, da sie in starker Konzentration lediglich wachstumshemmend wirken. Für die Raumdesinfektion wird heutzutage immer noch gasförmiges Formaldehyd verwendet, obwohl dieses giftig ist und im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Ferner gibt es verschiedenste Chemikalien, die man z. B. in Desinfektionsbädern einsetzen kann, um Geräte zu desinfizieren. Hiervon seien nur die Peroxyessigsäure, das Natriumhypochlorit und Phenol-Derivate erwähnt.
Unter Koloniemorphologie versteht man makroskopische Untersuchungen mittels blossem Auge und/oder Lupe von auf Nährmedien angesiedelten Kolonien. Dazu werden verschiedene Parameter der Kolonien, wie Ausmass des Wachstums, Konsistenz, Farbe, Geruch u.ä. herangezogen, so dass eine grob qualitative und quantitative Charakterisierung der Mikroorganismen möglich ist. [1]

Versuchsdurchführung:

Auf der Rückseite einer HPG-Nähragarplatte wurde mit einem Edding 3000 eine zwei Hälften ergebende Linie gezogen. Dann wurde die Fingerkuppen von Mittel- und Ringfinger, sowie des kleinen Fingers auf der einen Hälfte der Agarplatte "abgestempelt", d.h. für einige Sekunden mit sanftem Druck aufgesetzt. Die Petrischale wurde wieder verschlossen und die Fingerspitzen in 70 %-igem Ethanol zum Zwecke der Desinfektion für 3 Minuten eingetaucht. Dann wurden die desinfizierten Fingerkuppen von Mittel- und Ringfinger, sowie kleinem Finger auf der anderen Hälfte des Nährbodens abgestempelt. Die Petrischale wurde wieder verschlossen und bei 37 °C für 48 h inkubiert. Nach einer Woche wurde die Platte auf Koloniebildung hin untersucht und etwaige Kolonietypen morphologisch erfasst.

Ergebnis:

Die Hälfte der Agarplatte, die mit den nicht desinfizierten Fingerkuppen gestempelt worden war, zeigte zahlreiche Koloniebildungen verschiedener Keime an, während die Hälfte, die mit den desinfizierten Fingerkuppen gestempelt worden war, keine Kolonie aufwies.
Eine Quantifizierung der Kolonien ergab eine Anzahl von 70 Kolonien für die Hälfte des nicht desinfizierten Abdrucks.
Qualitativ bzw. morphologisch liessen sich mit dem blossen Auge bzw. mit einer Lupe 10-facher Vergrösserung 3 unterschiedliche Typen von Kolonien ausmachen, deren unterschiedliche Parameter in der folgenden Tabelle wiedergegeben sind:

Tab. 1: Kolonienmorphologie des Versuchs C1
 AnzahlFarbeDurchmesserFormRandProfilOberflächeKonsistenzNährbodenverfärbung
Kolonietyp I:20gelb2 mmkreisrundglatterhabenglatt, glänzendschleimig/butterig-
Kolonietyp II:33blass-orange2 mmkreisrundglattkonvexglatt, glänzendschleimig/butterig-
Kolonietyp III:17blass-beige/creme2 mmkreisrundglattnabelglatt, glänzendschleimig/butterig-

Ergebnisdiskussion:

Anhand der Kolonieauszählung lässt sich sehr deutlich erkennen, dass die Desinfektion der Hände mit 70 %-igem Ethanol erfolgreich war.
In diesem Versuch wurde zweierlei deutlich vor Augen geführt: Zum einen, dass sich Keime in unterschiedlichster Anzahl quasi überall befinden können (insbesondere an den Händen) und zum anderen die Notwendigkeit und auch Wirksamkeit der Händedesinfektion, gerade dann, wenn mikrobiologische Arbeiten durchgeführt werden sollen. Dennoch muss man sich sicherlich vor dem Irrtum hüten, dass eine Desinfektion eine völlige Keimfreiheit garantiert; man geht zwar von einer 100000-fachen Keimreduktion aus, aber gerade im Umgang mit pathogenen Keimen können wenige oder vielleicht auch nur ein einziger überlebender Keim von ausschlaggebender Bedeutung sein, was Kontamination von Kulturen, Gerätschaften oder Infektionen betrifft.




Versuchsziel:

In diesem Versuch soll die unterschiedliche Keimbelastung von verschiedenen Oberflächen mit Hilfe des Abklatschverfahrens untersucht werden.

Theoretische Grundlagen:

Die in diesem Versuch benutzten, speziellen Agarplatten, die sog. 'RODAC-Plates' (Abk. für engl. "recovering organisms detecting and counting") unterscheiden sich von normalen Agarplatten in Petrischalen dadurch, dass der Agar nicht bis zur Hälfte der Petrischalenunterseite eingefüllt ist, sondern so gegossen ist, dass er, eine konvexe Erhöhung über den Petrischalenunterseitenrand bildend, leicht übersteht. So können die Platten benutzt werden, um die Agaroberseite ganzflächig mit Oberflächen in Kontakt zu bringen und so Keimabdrücke zu erstellen. Dieses Verfahren wird auch als 'Abklatschverfahren' bezeichnet und eignet sich in Kombination mit entsprechenden Nährmedien zur direkten Untersuchung mikrobiell belasteter Oberflächen. Zudem ist die Schalenunterseite der RODAC-Plates in quadratische Felder aufgeteilt, so dass eine Zählung von Koloniebildungen erleichtert wird. Für die Befüllung der Schalen stehen prinzipiell alle Nährmedien zur Verfügung, die auch bei normalen Petrischalen verwendet werden.

Versuchsdurchführung:

Eine der mit HPG-Agar befülleten RODAC-Plates wurde auf einen neuen Laborkittel für 5 s sanft aufgedrückt, die andere ebenfalls für 5 s auf einen älteren, ungewaschenen Laborkittel aufgedrückt. Nach dem Abdruck wurden die Agarplatten sofort verschlossen und beschriftet und dann mit der Unterseite nach oben bei 30 °C für 48 h inkubiert. Nach einer Woche wurden die Kolonien auf den Platten ausgezählt und morphologisch mit blossem Auge und Lupe mit 10-facher Vergrösserung untersucht.

Ergebnis:

Auf beiden RODAC-Plates hatten sich Kolonien ausgebildet. Deren Auszählung ergab folgendes Ergebnis für die einzelnen Platten:

Oberfläche 'Alter Laborkittel': 20 Kolonien
Oberfläche 'Neuer Laborkittel': 3 Kolonien

Für die Koloniemorphologie wurden von jeder Platte exemplarisch drei Kolonietypen ausgewählt und diese charakterisiert. Die Ergebnisse der Koloniemorphologie sind in den nachfolgenden Tabellen dargestellt:


Tab. 1: Kolonienmorphologie der RODAC-Platte "Alter Laborkittel", Versuch C2
 FarbeDurchmesserFormRandProfilOberflächeKonsistenzNährbodenverfärbung
Kolonietyp I:blass-weiss40-50 mmfilamentöswimpernförmig/fädigflach/fädigmatttrocken-
Kolonietyp II:gelb1 mmkreisrundglatterhabenglatt, glänzendbutterig-
Kolonietyp III:creme-beige6 mmkreisrundglattkonvexglatt, glänzendschleimig-


Tab. 2: Kolonienmorphologie der RODAC-Platte "Neuer Laborkittel", Versuch C2
 FarbeDurchmesserFormRandProfilOberflächeKonsistenzNährbodenverfärbung
Kolonietyp I:orange5 mmunregelmässiggewelltnabelradiale Linien/gefaltetbutterig-
Kolonietyp II:weiss-creme1 mmkreisrundglattkonvexglatt, glänzendschleimig-
Kolonietyp III:weiss-creme1 mmkreisrundglattkonvexglatt, glänzendschleimig-

Ergebnisdiskussion:

Die Funktionstüchtigkeit des Abklatschverfahrens konnte gezeigt werden. Insbesondere war das Ergebnis, was die Anzahl der Kolonien von 'neuem' und 'altem', d.h. ungewaschenen, Laborkittel betraf, erwartungsgemäss. Auch die Morphologiecharakteristik verlief problemlos; hier wäre weiterführend zu fragen, ob sich eine eindeutige Art/Typusklassifizierung anhand der Koloniemorphologie vornehmen liesse.




Versuchsziel:

In diesem Versuch soll der Keimgehalt der Luft an verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen Expositionszeiten mittels Direktisolierung auf Sedimentationsplatten ermittelt werden.

Theoretische Grundlagen:

Die Allgegenwärtigkeit der Mikroorganismen erstreckt sich auch auf die Luft. Die in der Luft vorkommenden Keime zeichnen sich häufig durch spezielle Pigmentierung aus, die in der Koloniemorphologie deutlich zutage tritt. Dabei handelt es vor allem um Verbindungen aus der Klasse der Carotinoide, also den Säuren von langkettigen, ungesättigten Kohlenwasserstoffverbindungen ("Olefine"). Aufgrund der Kohlenstoff-Doppelbindungen in den ungesättigten Verbindungen verfügt diese Stoffgruppe über leicht anregbare Elektronen, was sich im optisch sichtbaren Bereich durch ihre besonderen Farbeigenschaften bemerkbar macht. Für die Mikroorganismen sind diese Verbindungen aufgrund ihrer Fähigkeit ultraviolette Strahlung zu absorbieren besonders wichtig. Die Luftkeime sind durch diese Pigmentierung vor übermässiger UV-Strahlung und dadurch vor Zellschädigungen und zu hoher Mutationsrate geschützt. Typische Vertreter der Luftkeime sind bei den Bakterien Micrococcus, Flavobacterium und Corynebacterium, bei den Hefen Rhodotorula und den Sporen von Schimmelpilzen Cladosporium, Mucor, Rhizopus oder Aspergillus.

Versuchsdurchführung:

Vier HPG-Agarplatten wurden beschriftet und auf einer, dem Land NRW gehörenden, Laborbank des Kursraumes des mikrobiologischen Instituts nebeneinander aufgestellt und dann nahezu gleichzeitig geöffnet, und zwar so, dass der Deckel auf die Unterseite der Petrischalen aufgelegt wurde. Nach Ablauf von 2 Minuten wurde die erste Petrischale wieder geschlossen, nach weiteren 3 Minuten die nächste, die dritte Schale wurde nach 10 Minuten und der letzte Nährboden nach 20 Minuten geschlossen. Dann wurden die die Agarplatten für 5 Tage bei 25 °C bebrütet. Nach einer Woche wurden die Platten auf Koloniebildung hin untersucht und ausgezählt.

Ergebnis:

Auf allen Platten des Standortes 'Kurssaal' zeigten Koloniebildung. Die Ergebnisse der Auszählung sind zusammen mit den Ergebnissen der anderen Standorte in den folgenden Tabellen zusammengefasst:

Tab. 1: Luftkeimermittlung 'Kurssaal'
StandortKurssaal
Inkubationszeit in Minuten251020
Kolonien/Platte11161859
Tab. 2: Luftkeimermittlung 'Flurfenster'
StandortFlurfenster
Inkubationszeit in Minuten251020
Kolonien/Platte4142344

Tab. 3: Luftkeimermittlung 'Strasse'
StandortStrasse
Inkubationszeit in Minuten251020
Kolonien/Platte46154254256
Tab. 4: Luftkeimermittlung 'Sterilbank'
StandortSterilbank
Inkubationszeit in Minuten251020
Kolonien/Platte--1-


Ergebnisdiskussion:

Das Ergebnis für den Kursraum zeigt einen zu erwartenden Verlauf: Mit ansteigender Expositionsdauer steigt auch die Anzahl der Kolonien auf der Platte. Interessant ist hierbei, dass sich bereits nach kurzer Sedimentationszeit relativ viele Kolonien zeigen. Dies spricht für die ausserordentliche Verbreitung und Dichte der Mikroorganismen. Auch das Ergebnis der Sterilbank spricht für sich: Wie erwartet sollte sich hier keine oder nur vereinzelte Koloniebildung zeigen.



Referenzen:

[1] Bast, E. 'Mikrobiologische Methoden', 2. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag 2001



© tom linder, b.sc.
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Letzte Aktualisierung: 03.02.24